22. November 2022
ISTA-Forscher:innen erhalten ERC Starting Grants
Drei aufstrebende ISTA-Wissenschafter:innen erhalten großzügige Förderungen für ihre Forschungsprojekte
Stolze zwölf Förderungen wurden Forschenden am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in diesem Jahr bereits vom Europäischen Forschungsrat (ERC) verliehen – drei davon gehen an die Assistenz Professor:innen Florian Schur, Kimberly Modic und Matthew Kwan. Ihre exzellenten neuen Ansätze in ihren jeweiligen Forschungsgebieten sind nun durch ERC Starting Grants finanziell abgesichert.
Der ERC ist eine der führenden europäischen Förderorganisationen, die hervorragende Grundlagenforschung in allen Fachgebieten unterstützt. Die sogenannten Starting Grants sind Stipendien und werden an junge Forscher:innen vergeben, um ihre unabhängige Forschung und die daraus resultierenden wissenschaftlichen Durchbrüche zu fördern. Drei Wissenschafter:innen überzeugten die ERC Stipendienjury mit ihren Projekten, welche sie nun Dank der Förderung in Angriff nehmen werden.
ActinID – Das Aktin Zytoskelett verstehen
Florian Schur und seine Strukturbiologie-Gruppe am ISTA beschäftigen sich mit den strukturellen und funktionellen Prinzipien, die die Zellmigration, also die Bewegung von Zellen, steuern. Seine Expertise liegt in der Kryo-Elektronenmikroskopie, jener nobelpreisgekrönten Methode, die die Analyse der Strukturen von Biomolekülen in hoher Auflösung revolutioniert hat. Die Zellbewegung ist abhängig vom Aktin-Zytoskelett, welches durch ein Zusammenspiel zwischen Aktin-bindenden Proteinen (ABPs) sowie der Biochemie und der Geometrie der Aktinfilamente reguliert wird. Diese Faktoren sind voneinander abhängig und garantieren, dass das Zytoskelett der Zellen fehlerfrei funktioniert. Jedoch ist unklar, wie diese Vernetzung der Filamentbiochemie, der Filamentgeoemetrie und der ABP-Bindung den Umbau des Zytoskeletts bei der dynamischen Zellwanderung bestimmt. Um diese spannende Frage zu beantworten, versucht Florian Schur einen molekularen Atlas „ActinID“ zu erstellen, welcher ihm hilft, das Aktin-Zytoskeletts während der Bewegung der Zellen zu identifizieren. Für dieses Projekt erhalten Schur und seine Forschungsgruppe insgesamt 1,5 Millionen Euro vom ERC. „Unser Ziel ist es, Kryo-Elektronentomographie-Workflows zu entwickeln, die uns ein 3D-Bild der molekularen Komponenten, die die Zellmigration steuern, liefern werden. Dies ermöglicht uns Erkenntnisse in die Steuerung der gerichteten Zellbewegung durch dynamische Filamentorganisation des Aktin-Zytoskeletts zu erlangen“, erklärt der Forscher.
TROPIC – Neue Ansätze im Quantencomputing
ISTA Assistant Professor Kimberly Modic hat dieses Jahr ebenfalls einen Starting Grant des ERC in Höhe von 2,32 Millionen Euro erhalten. Sie leitet die Forschungsgruppe „Thermodynamik von Quantenmaterialien auf der Mikroskala“. Im Rahmen ihres Projekts „TROPIC“ werden neue Experimente entwickelt, um Eigenschaften von Quantenmaterialien zu entdecken und damit das Quantencomputing zu revolutionieren. Herkömmliche Ansätze, die sich auf lokale Wechselwirkungen zwischen Qubits (Quantenäquivalente der herkömmlichen Recheneinheiten „Bits“) stützen, leiden unter scheinbar unüberwindbaren Problemen, wie der Kontrolle der Quantendekohärenz bei gleichzeitiger Erreichung einer sinnvollen Anzahl von Qubits. Alternative Ansätze, die auf nichtlokalen Wechselwirkungen beruhen, wie z. B. Majorana-Fermionen, könnten eine Lösung bieten. Allerdings konnte ihre Existenz bislang nicht eindeutig bewiesen werden. Mit TROPIC werden nun, die Eigenschaften potenziell nützlicher Materialien wie Quantenspinflüssigkeiten und Supraleiter ermittelt. Hierfür werden Sonden entwickelt, mit denen ihre dynamische Reaktion in Magnetfeldern von annähernd 100 Tesla untersucht werden kann. „Die Grundlagen für diese Experimente haben wir in unserem Labor am ISTA in relativ kleinen Magnetfeldern geschaffen. TROPIC eröffnet uns nun die Möglichkeit, unsere Fähigkeiten auf die höchsten Magnetfelder auszudehnen, wo neue Materiezustände erwartet werden und neue Techniken zu ihrer Erforschung benötigt werden. Da unsere Technik auf eine breite Klasse von Quantenmaterialien anwendbar ist, glauben wir, dass TROPIC eine positive Auswirkung für die ganze Gesellschaft haben wird, da es ein Schritt für eine breitere Nutzbarkeit ist“, sagt Kimberly Modic, die leitende Forscherin von TROPIC.
RANDSTRUCT – Nützliche Zufälle
Matthew Kwan, Assistant Professor und Leiter der Gruppe für Kombinatorik und Wahrscheinlichkeitsrechnung am ISTA, ist einer der Empfänger eines ERC Starting Grant 2022. Die Förderung in Höhe von 1,34 Millionen Euro eröffnet seiner Gruppe viele Möglichkeiten, ihr Projekt namens „RANDSTRUCT“ zu verfolgen. Die Kombinatorik ist die mathematische Untersuchung diskreter Strukturen wie Netzwerke, Permutationen oder Mengensysteme. Im Laufe der Jahre zeigte sich, wie wichtig der Zufall in der Kombinatorik ist. Probabilistische Argumente, die nicht konstruktiv sind, sind besonders hilfreich, um die Existenz verschiedener Arten von kombinatorischen Objekten in der Mathematik zu beweisen. Die Untersuchung von zufälligen diskreten Strukturen hat fast alle Bereiche der Kombinatorik erweitert. Mit „RANDSTRUCT“ schlägt Kwan nun ein Programm vor, um die Rolle des Zufalls in der Kombinatorik besser zu verstehen. Der Schwerpunkt liegt vor allem auf der Beziehung zwischen „strukturierten“ Objekten und zufälligen oder „zufallsähnlichen“ Objekten. Dabei werden konkrete kombinatorische Probleme wie die Ramsey-Theorie und die Design-Theorie untersucht. „Viele der wichtigsten Durchbrüche in der Mathematik sind aus unerwarteten Kombinationen verschiedener Ideen und Perspektiven entstanden. Dieses Stipendium wird es mir ermöglichen, eine Gruppe von Studierenden und Postdocs mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Erfahrungen aufzubauen. Dadurch schaffen wir ein ideales Umfeld, um neue Ideen zu entwickeln, die für dieses Projekt von entscheidender Bedeutung sein werden“, so Kwan.
ERC Ankündigung:
https://erc.europa.eu/news-events/news/starting-grants-2022-call-results