23. März 2014
Jonas veröffentlicht dritte bahnbrechende Publikation seit Dezember
Peter Jonas setzt Serie weitreichender Publikationen mit Arbeit über Signalübertragung im Hirn fort • Veröffentlichung Teil seines ERC Projekts • Ergebnis erklärt Verlässlichkeit und Geschwindigkeit bei der Signalübertragung in sogenannten Korbzellen
In seiner dritten bedeutenden Publikation seit Dezember 2013 identifiziert IST Austria Professor Peter Jonas, gemeinsam mit Postdoc Hua Hu, einen neuen subzellulären Mechanismus für die verlässliche und schnelle Signalübertragung in den sogenannten Korbzellen des Gehirns. Die Ergebnisse erscheinen am 23. März auf dem Internetportal von Nature Neuroscience. (DOI: 10.1038/nn.3678)
IST Austria Präsident Thomas A. Henzinger zeigt sich erfreut: „Das ist eine außergewöhnliche Serie an Publikationen in bedeutenden wissenschaftlichen Journalen, was einmal mehr die ausgezeichnete Arbeit von Peter Jonas und seiner Gruppe hervorhebt. Ich beglückwünsche Jonas zu diesen Publikationen und das Institut dazu, dass es seinen Forscherinnen ermöglicht, so bemerkenswerte Leistungen zu erbringen.“
Jonas Publikation in Science vom 7. Februar 2014 berichtete von den ersten Belegen für „Mikrodomänen“-Kupplung an adulten Zentralsynapsen und beleuchtete die Implikationen für synaptische Plastizität. Seine Publikation in Neuron vom 12. Dezember 2013 behandelte die synaptischen Mechanismen rhythmischer Gehirnwellen in vivo. Jonas jüngste Publikation befasst sich mit einem zentralen Aspekt seines ERC Projekts zur „Nanophysiologie der schnell-feuernden, parvalbumin-exprimierenden GABA-ergen Interneuronen“. Die Gruppe von Peter Jonas betreibt bahnbrechende Forschung auf dem Gebiet der zellulären Neurowissenschaften, mit einem Fokus auf der funktionalen Analyse von GABA-ergen Interneuronen.
GABA-erge Interneuronen, oder Korbzellen, spielen eine zentrale Rolle bei der Informationsverarbeitung in neuronalen Netzwerken des Hippocampus. Um ihre Funktion zu erfüllen, muss die Signalübertragung sowohl rasch als auch verlässlich erfolgen: Korbzellen wandeln ein eingehendes anregendes Signal innerhalb von einer Millisekunde in ein ausgehendes hemmendes Signal um, dieses Ausgangssignal muss an eine große Zahl an Zielzellen übertragen werden. Zwei generelle Mechanismen ermöglichen es Signalen, sich in Neuronen schnell und verlässlich zu verbreiten: ein großer Durchmesser des Axons und die Einhüllung der Axonoberfläche mit Myelin, einer Fettmembran, die es elektrischen Impulsen erlaubt, zwischen Lücken in der Umhüllung zu ‘springen‘. Da ihre Axone dünn und stark verzweigt sind, kann ein großer axonaler Durchmesser in Korbzellen nicht am Werk sein. Außerdem kann Myelinisierung keine Rolle spielen, da die große Dichte an Bereichen der synaptischen Übertragung, den sogenannten en-passant Boutons, die Bildung einer Myelinhülle verhindert. Die Forscher fragten daher wie Korbzellen, trotz dieser Hindernisse, ihre Signale rasch und verlässlich übertragen. In ihrer Publikation identifizieren Peter Jonas und Hua Hu einen neuen subzellulären Mechanismus der verlässlichen, schnellen Übertragung – den kontrollierten Anstieg der Dichte an Natrium (Na+) Kanälen und der Leitfähigkeit in Axonen von Korbzellen.
Durch subzelluläre patch-clamp Aufzeichnungen zeigen die Forscher, dass Nervenimpulse oder Aktionspotentiale nahe am Zellkörper initiiert werden und sich dann mit hoher Verlässlichkeit entlang des Axons fortpflanzen. Interessanterweise zeigen die Axone von Korbzellen einen schrittweisen Anstieg der Dichte an Na+ Kanälen und, damit einhergehend, der Leitfähigkeit vom Zellkörper bis zum proximalen Axon, wo Aktionspotentiale initiiert werden. Außerdem steigen Kanaldichte und Leitfähigkeit entlang des restlichen Axons graduell an. Na+ Kanäle im Axon werden außerdem schneller inaktiviert als Kanäle im Zellkörper, dies könnte die Energieeffizienz der Fortpflanzung des Aktionspotentials im Axon erhöhen. Basierend auf ihren Ergebnissen entwickeln Jonas und Hu ein Kabelmodell von Korbzellen und zeigen, dass eine niedrige Dichte an Na+ Kanälen für eine verlässliche Fortpflanzung des Aktionspotentials ausreicht, aber die beobachtete hohe Dichte für eine schnelle Fortpflanzung notwendig ist. Die Forscher testen ihre Prognose mithilfe von Tetrodotoxin, einem Gift, das Na+ Kanäle blockiert. Wenn sie Tetrodotoxin an Korbzellen anwenden, ist die Signalübertragung weiterhin verlässlich, allerdings signifikant langsamer. Außerdem reduziert sich die Häufigkeit, mit der Aktionspotentiale entstehen, wenn Na+ Kanäle blockiert sind. Die Dichte an Na+ Kanälen im Axon beeinflusst daher sowohl die Verlässlichkeit als auch die Geschwindigkeit der Signalübertragung, sowie die charakteristisch hohe Häufigkeit der Übertragung in Korbzellen.
Hu und Jonas zeigen, dass Korbzellen ihren geringen axonalen Durchmesser und das Fehlen der Myelinisierung durch eine hohe Dichte an Na+ Kanälen und eine dadurch gestiegene Leitfähigkeit ausgleichen, wodurch Korbzellen eine Verlässlichkeit und Schnelligkeit in der Signalübertragung erreichen. Die Forscher identifizieren also einen neuen Mechanismus der schnellen, verlässlichen Signalübertragung in Wirbeltier-Neuronen, der bis dahin nur für Wirbellose beschrieben war.