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2. Juli 2025

Wenn Schwarze Löcher kollidieren

Nach 23 Jahren an der Columbia University kommt Astrophysiker Zoltan Haiman ans ISTA

Der international anerkannte Astrophysiker und Spezialist für Schwarze Löcher Zoltan Haiman bekommt als fünfter Astronom eine Professur am Institute of Science and Technology Austria (ISTA). Nach über zwei Jahrzehnten an der Columbia University, wo er zeitgleich zwei Professuren in den Fachbereichen Astronomie und Physik innehatte, entschied sich Zoltan Haiman für das ISTA, um ein neues Kapitel seiner erfolgreichen Karriere aufzuschlagen. Seine Expertise wird dazu beitragen, einen der jüngsten Forschungsbereiche des jungen Instituts zu festigen.

Der international anerkannte Astrophysiker und Spezialist für Schwarze Löcher Zoltan Haiman.
Der international anerkannte Astrophysiker und Spezialist für Schwarze Löcher Zoltan Haiman kommt nach 23 Jahren an der Columbia University ans Institute of Science and Technology Austria (ISTA). © ISTA

In den letzten Monaten blieb Zoltan Haiman nicht unbemerkt am Campus, und einige Kolleg:innen haben bereits die Gelegenheit genutzt, sich mit ihm auszutauschen. Seine Professur am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) als etablierter Experte für Astronomie ist zwar erst im Juli dieses Jahres in Kraft getreten, doch Haiman war bereits seit Jänner als Visiting Professor am ISTA tätig. Sein Weg zum Institut führte ihn an einige der renommiertesten Universitäten und Forschungseinrichtungen der USA und Großbritanniens: MIT, Harvard, Cambridge, Princeton und zuletzt Columbia.

Im Mittelpunkt seines Interesses stehen die seltsamen kosmischen Objekte im Zentrum der Galaxien: Schwarze Löcher. Er interessiert sich besonders dafür, was mit Schwarzen Löchern passiert, wenn Galaxien kollidieren. „Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass sich im Zentrum fast jeder Galaxie ein großes Schwarzes Loch befindet. Außerdem wissen wir, dass Galaxien im Laufe der kosmischen Geschichte durch Kollisionen und Verschmelzungen entstanden sind. Daraus folgt, dass eine neu entstandene Galaxie, die aus einer Verschmelzung hervorgegangen ist, zunächst zwei nukleare Schwarze Löcher hat“, erklärt Haiman. Daher will er mit seiner Gruppe den genauen Mechanismus verstehen, der zur Kollision und Verschmelzung von Schwarzen Löchern führen könnte.

Zwei Schwarze Löcher umkreisen einander und versenden Gravitationswellen durch die Raumzeit.
Zwei Schwarze Löcher umkreisen einander und versenden Gravitationswellen durch die Raumzeit. Eine Computersimulation von binären Schwarzen Löchern, die von einer dünnen Plasmascheibe umgeben sind. © Zoltan Haiman und Jordy Davelaar

Ein dunkler kosmischer Tanz

Haiman und seine Gruppe gehen davon aus, dass sich die Schwarzen Löcher einander ausreichend nähern müssen, um die Anziehungskraft des jeweils anderen zu ‚spüren‘. Dann beginnen sie, sich gegenseitig zu umkreisen und bilden ein Binäres System. Der nächste logische Schritt in diesem dunklen kosmischen Tanz ist, dass die beiden Schwarzen Löcher zu einem einzigen, größeren Schwarzen Loch verschmelzen. Haiman und seine Gruppe wollen jedoch wissen, ob dies überhaupt geschieht und wenn ja, wie genau. „Mit diesem Wissen könnten wir die wachsenden Schwarzen Löcher, die wir in den Zentren von Galaxien beobachten, besser erklären.“ Derzeit sind alle diese Aspekte möglicher Kollisionen zwischen Schwarzen Löchern noch unbekannt. Die Haiman Gruppe am ISTA wird die von ihnen ausgestrahlte Strahlung und die dabei entstehenden Wellen im Weltraum, sogenannte Gravitationswellen, untersuchen. „Wir hoffen auch mithilfe von Computersimulationen solche binären Schwarzen Löcher in künftigen groß angelegten astronomischen Vermessungen identifizieren zu können.“

ISTA-Professor Zoltan
ISTA-Professor Zoltan Haiman im Gespräch über binäre Schwarze Löcher. © ISTA

Ein ERC Advanced Grant und ein neuer Satellit

Haiman hatte im Juni einen starken Start, als er sich einen Advanced Grant vom Europäischen Forschungsrat (ERC), der renommierten Forschungsförderungsorganisation der Europäischen Kommission, sicherte. Diese Förderung in Höhe von insgesamt 2,6 Millionen Euro über fünf Jahre wird es seiner Gruppe ermöglichen, ihren Forschungsfragen näher zu kommen. Mithilfe theoretischer Modelle und fortschrittlicher Computersimulationen wird sein Team am ISTA die Signale vorhersagen, die binäre Schwarze-Loch-Systeme während ihres Verschmelzungsprozesses aussenden. Dies wird dazu beitragen, sie in der Flut von Daten zu identifizieren, die bei großen astronomischen Vermessungen üblicherweise anfallen.

Darüber hinaus wird diese großzügige Förderung dazu beitragen, Daten von zukünftigen Gravitationswellendetektoren wie der Laser Interferometer Space Antenna (LISA) zu interpretieren –einem Satelliten, der von der Europäischen Weltraumorganisation geführt wird, in Zusammenarbeit mit der NASA und einem internationalen Konsortium von Wissenschafter:innen. Anfang dieses Jahres wurde Haiman zum Complementary Scientist im LISA-Wissenschaftsteam ernannt. Im Rahmen dieser Ernennung wird er mit seiner unabhängigen Beratung die wissenschaftliche Expertise des Teams erweitern und zur Erreichung der Missionsziele beitragen. „LISA wird eine Konstellation aus drei Satelliten sein, die sich von allen Teleskopen, selbst denen im Weltraum, stark unterscheiden wird, da sie nur auf die durch die Raumzeit wandernden Wellen empfindlich reagiert. Meine Forschung hat gezeigt, dass, wenn dieselben Objekte, vor allem Doppel-Schwarze-Loch-Systeme, die solche Gravitationswellen erzeugen, auch von herkömmlichen Teleskopen entdeckt werden, diese ergänzenden Erkenntnisse zu erstaunlichen Entdeckungen und einem besseren Verständnis sowohl dieser Quellen als auch des Universums im Allgemeinen führen können. Meine Aufgabe im LISA-Wissenschaftsteam wird es sein, diese gemeinsamen Entdeckungen zu ermöglichen.“ Der Start der drei Raumfahrzeuge von LISA ist für 2035 geplant.

Wie LISA (Laser Interferometer Space Antenna) Wellen in der Raumzeit misst. Die ESA-Mission LISA wird Gravitationswellen in der Raumzeit erfassen und untersuchen. Solche Wellen entstehen, wenn Schwarze Löcher sich gegenseitig umkreisen auf Kollisionskurs.
Wie LISA (Laser Interferometer Space Antenna) Wellen in der Raumzeit misst. Die ESA-Mission LISA wird Gravitationswellen in der Raumzeit erfassen und untersuchen. Solche Wellen entstehen, wenn Schwarze Löcher sich gegenseitig umkreisen auf Kollisionskurs. Bildquelle. © ESA / ATG Medialab
LISA (Laser Interferometer Space Antenna) wird das erste Observatorium im Weltraum sein, das das „Gravitationsuniversum“ erforscht.
LISA (Laser Interferometer Space Antenna) wird das erste Observatorium im Weltraum sein, das das „Gravitationsuniversum“ erforscht. Video auf YouTube ansehen: The LISA Movie (2016). © Max Planck Institute for Gravitational Physics/Milde Marketing Science Communication

Das ISTA weltweit führend in der Astronomie machen

Neben seinen vielfältigen Forschungsaktivitäten hat der erste jahrzehntelang etablierte Experte für Astronomie am ISTA ehrgeizige Pläne für eines der jüngsten Forschungsgebiete des jungen Instituts. „Ich möchte dazu beitragen, die Astronomie erfolgreich als eines der spannenden Forschungsgebiete aufzubauen, in denen das ISTA als weltweit führend gelten wird“, sagt er. „Ich habe das Glück, vier hervorragende junge Kolleg:innen zu haben. Manchmal tue ich gerne so als wäre ich einer von ihnen, obwohl ich ja einige Jahre älter bin als sie!“

Lisa Bugnet, Ilaria Caiazzo, Ylva Götberg, Jorryt Matthee und Haiman bilden nun ein fünfköpfiges Team von (Assistenz-)Professor:innen am ISTA. Gemeinsam haben sie die einmalige Chance, ihr Forschungsgebiet am äußerst vielfältigen Forschungsinstitut von Grund auf mitzugestalten. „Viele Faktoren zeichnen das ISTA aus. Über die bereitgestellten Ressourcen hinaus ist das Umfeld äußerst förderlich für die Forschung. Die interdisziplinäre Atmosphäre mit engen täglichen Kontakten zwischen den Fachbereichen ist sehr anregend,“ so Haiman.

ISTA-Professor Zoltan Haiman
ISTA-Professor Zoltan Haiman im Gespräch über binäre Schwarze Löcher. © ISTA

Von Europa in die USA und zurück

Der aus Budapest stammende Forscher hat einige der renommiertesten Universitäten und Forschungseinrichtungen der USA durchlaufen, darunter die letzten 23 Jahre als Mitglied des Lehrkörpers der Columbia University in New York. „Wenn ich nach den Jahren gehe, die ich in jedem Land gelebt habe, bin ich zu zwei Dritteln Amerikaner und zu einem Drittel Ungar“, sagt Haiman. Er absolvierte sein Bachelorstudium am MIT, promovierte 1998 in Astronomie an der Harvard University, nachdem er ein Jahr als Isaac Newton Fellow an der University of Cambridge in Großbritannien verbracht hatte, und war als Postdoktorand am Fermilab und an der Princeton University tätig. Anschließend trat er 2002 in den Lehrkörper des Department of Astronomy der Columbia University ein und wurde 2013 zum ordentlichen Professor ernannt. Im Jahr 2022 wurde er außerdem Professor am Department of Physics der Columbia University. „Der Wechsel zum ISTA ermöglichte mir auch die Rückkehr nach Europa, was sicherlich auch einer der ausschlaggebenden Faktoren war.“

Professor Zoltan Haiman outside the Moonstone Building on the campus of the Institute of Science and Technology Austria (ISTA).
Professor Zoltan Haiman vor dem Moonstone-Gebäude am Campus des Institute of Science and Technology Austria (ISTA). © ISTA

In seiner Freizeit läuft Haiman gerne Langstrecken, fährt Rad, wandert, spaziert durch Wien und probiert lokale Weine. „Allerdings wird es gut ein Jahr dauern, bis ich mich eingelebt habe. Bis dahin werde ich meine Freizeit wohl vorerst an Orten wie IKEA verbringen.“



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