9. Dezember 2025
Zwei ERC Consolidator Grants
4 Millionen Euro für Quantentheorie und Biophysik
Zwei Professoren des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) erhalten vom Europäischen Forschungsrat (ERC) jeweils 2 Millionen Euro Fördermittel. Beide besitzen einen Hintergrund in der Physik, doch ihre Forschungsgebiete könnten unterschiedlicher nicht sein: Edouard Hannezo kombiniert Physik mit Datenwissenschaft und Zellbiologie, um zu untersuchen, wie Organismen im Laufe ihrer Entwicklung zuverlässig Körperstrukturen bilden; Maksym Serbyn entwickelt Theorien, um komplizierte, wechselwirkende Quantensystemen besser zu simulieren.

Die Förderschiene „Consolidator“ des Europäischen Forschungsrats (ERC) finanziert „aufstrebende Forschungsleiter:innen“ mit 2 Millionen Euro über einen Zeitraum von fünf Jahren. ISTA verbucht in der jüngsten Förderrunde einen Doppelerfolg. Damit sicherten sich Professor:innen am ISTA heuer neun ERC-Förderungen, darunter acht der renommierten ERC Frontier Grants, zu denen die Consolidator Grants zählen. Die ERC-Gesamtzahl, die jemals an ISTA-Fakultätsmitglieder vergeben wurden, steigt damit auf 96 – einschließlich der übertragenen ERCs und Proof-of-Concept-Förderungen. Mit derzeit 86 Forschungsgruppen unterstreicht das die hohe Erfolgsquote des Instituts in diesem hochkompetitiven Programm.
REFINE: Interdisziplinärer Ansatz zur Morphogenese
Wenn Lebewesen in ihrer Entwicklung Körper bilden, folgen sie einem erstaunlich konsistenten Bauplan. Allerdings herrscht auf molekularer und zellulärer Ebene ein hoher Grad an Zufälligkeit. Dieses Hintergrundrauschen wurde in früheren Forschungen oft vernachlässigt, wodurch die Frage unbeantwortet blieb, was das zuverlässige Wachstum von Gewebe gewährleistet. Diesem Mysterium des Lebens gehen Professor Edouard Hannezo und sein Team am ISTA nach. Sie nutzen dafür eine prall gefüllte Werkzeugkiste aus der Datenwissenschaft, Zellbiologie und Physik.

„Wir wollen grundlegende Prinzipien des biologischen Designs aufdecken“, sagt Hannezo. „Im Rahmen des REFINE-Projekts entwickeln wir theoretische Modelle, um die Wechselwirkungen zwischen Zellkräften, biologischen Signalen und den geometrischen Beschränkungen der Embryonalentwicklung zu untersuchen. Anschließend testen wir diese Ideen in Experimenten mit unseren Kooperationspartner:innen. Dabei variieren wir die Parameter derart, dass wir verstehen, wie Zufälligkeiten das Wachstum von Embryonen stören oder sogar unterstützen können. Über den ERC Grant erforschen wir also, wie sich Leben robust entwickelt.“
QMbeyondU: Quantenmaterie jenseits unitärer Dynamik
Quantenphysik ist schwierig zu simulieren, insbesondere bei Vielteilchensystemen mit vielen wechselwirkenden Teilchen. Isoliert betrachtet entwickeln sich solche Systeme reversibel unter „unitären“ Dynamiken, die einzigartige Quantenkorrelationen – die bekannte Quantenverschränkung – erzeugen können. In den tatsächlichen Anwendungen werden sie jedoch durch Rauschen, Dissipation und Messungen beeinflusst, die durch grundlegend andere, nicht-unitäre Dynamiken beschrieben werden. Die meisten bestehenden Ansätze behandeln diese Effekte entweder als Störungen, die man minimieren kann, oder modellieren die resultierende Dynamik als quasi-klassisch. Mit dieser ERC-Förderung widmet sich Professor Maksym Serbyn Phänomenen, bei denen sowohl die Quantennatur als auch die nicht-unitäre Dynamik wesentlich sind.

„Der Bereich der Quantensimulation ist für die Erforschung neuer physikalischer Phänomene äußerst vielversprechend“, sagt Serbyn, „aber um sein volles Potenzial auszuschöpfen, müssen wir sowohl unitäre als auch nicht-unitäre Dynamiken berücksichtigen. Das ist das Ziel von QMbeyondU. Wenn es erfolgreich ist, entdecken wir damit neue Quantenphänomene und verbessern unsere Fähigkeit, wechselwirkende Quantensysteme zu kontrollieren.“