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9. September 2016

Motive der synaptischen Konnektivität tragen zu effizientem Speichern und Abrufen von Erinnerungen im Hippocampus bei

Neurowissenschaftler kombinieren funktionelle Konnektivitätsanalyse und Netzwerkmodellierung, um synaptische Mechanismen der Vervollständigung von Mustern im CA3-Netzwerk des Hippocampus zu untersuchen

Reconstruction of a pair of synaptically connected CA3 pyramidal neurons. Inset shows a light-micrograph of the single synaptic contact that forms the connection.
Rekonstruktion zweier synaptisch verbundener CA3-Pyramidanzellen. Das einfügte Mikrogramm zeigt die synaptische Kontaktstelle, welche die Verbindung herstellt.

Die CA3-Region im Hippocampus spielt eine wichtige Rolle beim Lernen und Erinnern. Eine der bemerkenswertesten Eigenschaften dieses Netzwerks ist die Fähigkeit, früher gespeicherte Erinnerungen aus unvollständigen oder abgeschwächten Formen wiederherzustellen. Im Allgemeinen gilt, dass den Synapsen zwischen CA3-Pyramidenzellen, die rekurrenten CA3–CA3-Synapsen, eine entscheidende Rolle in der Vervollständigung von Mustern zukommt. Doch wie dies genau erfolgt, ist bis heute unklar geblieben. In “Synaptic mechanisms of pattern completion in the hippocampal CA3 network”, einem am 9. September 2016 in Science veröffentlichten Fachartikel, untersuchen Jose Guzman, Alois Schlögl, Michael Frotscher und Peter Jonas diese Mechanismen, indem sie funktionelle Konnektivtätsanalyse und Netzmodellierung kombinieren. Ihre Ergebnisse legen nahe, dass die Regeln der synaptischen Konnektivität zwischen CA3-Pyramidenzellen beträchtlich zur Effizienz der Vervollständigung von Mustern beitragen.

Frühere Theorien zum Aufbau des Hippocampus stellten häufig die CA3-Region als ein Netzwerk stark verbundener Zellen dar. Die Neurowissenschafter am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) prüften diese Hypothese unter Einsatz einer Technik, welche die Beobachtung der Verbindung durch elektrische Signale in bis zu acht Neuronen zur selben Zeit ermöglicht. Mit dieser achtfachen Aufzeichnungstechnik konnten sie einige höchst überraschende Beobachtungen machen. Erstens fanden sie heraus, dass die Konnektivität bei einer durchschnittlichen Verbindungswahrscheinlichkeit von ca. 1% gering war, wodurch das Dogma eines Netzwerks aus stark verbundenen Zellen infrage gestellt wird. Sie entdeckten auch, dass die Konnektivität im Netzwerk nicht zufällig ist, sondern Motive der Konnektivität aufweisen, die viel häufiger auftreten als in einem zufälligen Netzwerk zu erwarten sind. Demzufolge erinnert die Struktur des CA3-Netzwerks im Hippocampus an eine „Small World“-Architektur, wie sie in sozialen Netzwerken existiert. Zuletzt stellten die Autoren fest, dass die synaptischen Verbindungen zwischen zwei Zellen nur durch ein oder zwei synaptische Kontaktstellen herbeigeführt werden. Das ist insofern bemerkenswert, weil viel größere Mengen bei exzitatorischen synaptischen Verbindungen im Neocortex nachgewiesen wurden.

Worin besteht die funktionelle Bedeutung der spezifischen synaptischen Konnektivitätsregeln, insbesondere mit Bezug auf die Vervollständigung von Mustern? Um diese Frage zu klären, entwarfen Peter Jonas und sein Team ein Modell des CA3-Netzwerks, das viele dieser neuen experimentellen Beobachtungen umfasst. Anders als bei vielen früheren Studien wurde das Netzwerk in voller Größe entwickelt, so dass alle 330.000 CA3-Neuronen im Hippocampus einer Ratte simuliert wurden. Diese Methode der Modellierung nutzte den Computercluster des IST Austria und wurde von der wissenschaftlichen Serviceabteilung „Scientific Computing“ tatkräftig unterstützt. Die Autoren fanden heraus, dass ein Netzwerkmodell in voller Größe mit einer realistischen Konnektivität von 1% die Berechnung der Vervollständigung von Mustern leisten konnte. Darüber hinaus entdeckten sie, dass die Motive der Konnektivität unter gewissen Bedingungen die Leistung des Netzwerks steigerten. Der Entwurf synaptischer Verbindungen auf Grundlage einer oder zwei synaptischer Kontaktstellen scheint für die Vervollständigung von Mustern nützlich zu sein, weil er die Redundanz im Informationsfluss des Netzwerks minimiert. Auf diese Weise ermöglicht die Makro- (z.B. Motive) und Mikrokonnektivität (z.B. Eigenschaften der Verbindung) die Vervollständigung von Mustern im CA3-Netzwerk. „Die Ergebnisse zeigen deutlich, wie das bekannte Hopfield-Zitat „Build it, and you understand it“ erfolgreich auf wichtige neurowissenschaftliche Fragen angewandt werden kann“, erklärt Peter Jonas, Leiter der Forschungsgruppe zelluläre Neurowissenschaft.

Weiterführende Informationen dazu finden sich unten http://science.sciencemag.org/content/353/6304/1117



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