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28. April 2014

Proteine am Werk

IST Austria Professor Ryuichi Shigemoto will die Elektronenmikroskopie in der Nanometer-Welt revolutionieren • Entwicklung unterstützt durch österreichischen Wissenschaftsfond FWF • Methoden tragen bei zum Human Brain Projekt der EU und zu US-amerikanischen NIH grant

Photo of Ryuichi Shigemoto conducting electron microscopy at the IST Austria labs. © IST Austria / Reiner Riedler
Foto von Ryuichi Shigemoto an einem Elektronenmikroskop im Labor von IST Austria. © IST Austria / Reiner Riedler

Das Grüne Fluoreszierende Protein (GFP) revolutionierte die Zellbiologie, und wie ForscherInnen die Mikrometer-Welt untersuchen: Erkenntnisse zur Mobilität von Proteinen, RNA Dynamik oder zum Vesikel-Transport basieren auf der Anwendung des GFP. Ryuichi Shigemoto, Professor am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), hat eine ähnliche Revolution für die Elektronenmikroskopie und die Nanometer-Welt zum Ziel. In drei jüngst bewilligten Forschungsanträgen beabsichtigen er und sein Team, neue Methoden für die Elektronenmikroskopie zu entwickeln, mit denen WissenschaftlerInnen Proteine mit einer noch nie dagewesenen Auflösung untersuchen, grundlegende Daten für das Human Brain Projekt zu liefern, und Methoden mit internationalen KollegInnen zu teilen.

Damit Proteine funktionieren können, müssen sie mit anderen Proteinen interagieren und stabile Komplexe, wie Ionen-Kanäle, bilden. Zurzeit können ForscherInnen nur biochemische und Fluoreszenz-Methoden verwenden, um die Zusammensetzung von Proteinen und Proteinkomplexen zu untersuchen. Bis jetzt gibt es keinen Weg um den Aufbau eines einzelnen Komplexes in situ, also im Gewebe, zu analysieren. In einem mit € 280.000 durch den FWF finanzierten Einzelprojekt möchte Ryuichi Shigemoto eine neue Methode zur Visualisierung einzelner Proteine, und sogar der Untereinheiten von Ionen-Kanälen, durch Elektronenmikroskopie (EM) entwickeln. Ryuichi Shigemoto und sein Kollege Akio Ojida, Professor der bioanalytischen Chemie an der Universität von Kyushu (Japan), basieren ihre Methode auf ähnlichen Prinzipien wie das GFP-tagging, also die Markierung durch das Grüne Fluoreszierende Protein: Dabei wird ein kleines Etikett (engl. tag) an Proteine angehängt. Wenn das Gen, das das relevante Protein kodiert, exprimiert wird, wird dieses Etikett an das Protein angefügt. Proteine mit einem GFP-tag können durch die Fluoreszenz von GFP ausgemacht werden. In der Elektronenmikroskopie scannt ein Elektronenstrahl die Probe, und ein Metallpartikel, das Elektronen streut, visualisiert das Ziel.

Shigemoto und Ojida wollen nun chemische Proben synthetisieren, die Metallpartikel kovalent an das Protein-Etikett hängen. Durch diese direkte Kennzeichnung von Zielproteinen kann diese Methode eine um das zehnfache höhere Auflösung als die konventionelle Elektronenmikroskopie erzielen. Herkömmliche Methoden verwenden Antikörper um Gold-Partikel anzuhängen, wodurch Zielproteine mit einer Auflösung von 20-30 Nanometer visualisiert werden können. Da Ionen-Kanäle 10 Nanometer groß sind, können die Untereinheiten, die den Kanal bilden, nicht einzeln gesehen werden. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist 60.000 Nanometer breit.

Die Auflösung der neuen Methode wird Moleküle unterscheiden, die nur 2-3 Nanometer von einander entfernt sind, und gibt dadurch qualitativ neue Information über Proteine und Protein-Komplexe. Ähnlich zu den vielen Farben fluoreszierender tags wird die Entwicklung einer Reihe von tags und Proben es ForscherInnen erlauben, unterschiedliche Proteine in einem Proteinkomplex gleichzeitig zu sehen.  Die Shigemoto Gruppe wird diese Methode verwenden, um Ionen-Kanäle in Neuronen präzise zu lokalisieren, die Untereinheiten der Ionen-Kanäle zu untersuchen, und ihre absoluten Zahlen zu berechnen. Diese Daten sind grundlegend um zu untersuchen, wie Neuronen Signale integrieren und das Ergebnis berechnen. Diese neue Methode wird vorhersehbarerweise nicht nur viele Anwendungen in der Neurowissenschaft finden, sondern auch in anderen Feldern der Biologie, in denen die Visualisierung von funktionierenden Protein-Komplexen wichtig ist.

Mit seiner Expertise bei Visualisierungsmethoden in der Elektronenmikroskopie trägt Ryuichi Shigemoto jetzt auch eine grundlegende Studie zum Human Brain Project (HBP) bei. Shigemoto wurde für das HBP als Ergebnis einer Ausschreibung für neue Projekte als einer von 22 neuen Projektpartnern aus 350 Anträgen ausgewählt wurde. Rezeptoren und Ionen-Kanäle vermitteln, wie Neuronen Signale empfangen, eintreffende Signale integrieren und ausgehende Signale generieren. Um zu verstehen, wie das Gehirn funktioniert, müssen ForscherInnen wissen, exakt wo in den Neuronen sich Rezeptoren und Kanäle befinden. Allerdings ist ihre Lokalisierung und Organisation in drei Dimensionen noch nicht bekannt.

Als Teil des HBP untersuchen Ryuichi Shigemoto und sein Team die quantitative Verteilung dieser Schlüsselproteine, und wollen ergründen, wo sich bestimmte Rezeptoren und Kanäle in Neuronen befinden, wie viele es von ihnen gibt, und wie sich das zwischen Neuronentypen im Kortex unterscheidet. In einem ersten Schritt konzentrieren sich die ForscherInnen auf Glutamat-Rezeptoren, die eine wichtige Rolle in der Übertragung von exzitatorischen Signalen spielen, sowie auf spannungsgesteuerte Kalzium-Kanäle, die wichtige Akteure in der Integration der dendritischen Erregbarkeit und der Freisetzung von Neurotransmittern sind. Die ForscherInnen wollen ihre Analyse auf eine größere Zahl an Kanälen erweitern, um so ihr Verständnis dieser Art von Ionen-Kanälen zu vertiefen.

Dieses Wissen wird in das gesamte HBP eingespeist, weil der Ort und die Anzahl von Schlüsselmolekülen auf neuronalen Membranen grundlegende Informationen für die funktionale Analyse und das Modellieren des Gehirns liefern. Die Anzahl an Kanälen und die Kanal-Arten in einem Neuron ändern die Eigenschaften von Integration und Erregbarkeit, beides Schlüsselparameter für die neuronale Simulation. Ryuichi Shigemotos Daten werden daher mit den durch „The Neuroinformatics Platform“ des HBP generierten Daten integriert, und liefern Daten für Gehirnmodelle der „The Brain Simulation Platform“.

Zudem unterstützt Shigemoto mit seinen Ergebnissen seine Kollegin Maria Rubio, Professorin an der University of Pittsburgh, um als Teil eines National Institute of Health (NIH) Projekts hochauflösende EM Visualisierungsmethoden anzuwenden. Rubio arbeitet an Untereinheiten von Glutamatrezeptoren in auditorischen Kernen.



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