Skip to main content

2. Februar 2017

Quantenphasenübergang erstmals beobachtet

Zusammenbruch der Photonenblockade erstmals im Experiment beobachtet – Theoretische Vorhersagen bestätigt

Probability distribution showing the equal likelihood for the cavity being transparent and opaque at the critical point.
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung zeigt, dass der transparente Zustand am kritischen Punkt mit der gleichen Wahrscheinlichkeit auftritt wie der intransparente Zustand.

Einer Gruppe von Wissenschaftlern rund um Johannes Fink vom Institute of Science and Technology Austria (IST Austria) gelang die erste experimentelle Beobachtung eines Phasenübergangs erster Ordnung in einem dissipativen Quantensystem. Phasenübergänge können wir im Alltag beobachten, wenn wir zusehen, wie sich der Aggregatszustand eines Materials ändert. Das Frieren von Wasser bei der kritischen Temperatur von 0 Grad Celsius ist ein Beispiel dafür. Phasenübergänge finden aber auch auf der Quantenebene statt, wo sie – trotz ihrer Bedeutung für verschiedene Gebiete der Physik – noch kaum erforscht sind.

Ein Beispiel für einen Phasenübergang auf Quantenebene ist der Zusammenbruch der Photonenblockade, der erst vor zwei Jahren entdeckt wurde. Ist die Photonenblockade aufrecht, füllt ein Photon, also ein Lichtteilchen, einen Hohlraum in einem optischen System aus. Es verhindert so, dass andere Photonen in denselben Hohlraum eindringen, solange es sich selbst darin befindet, und blockiert damit den Strom an Photonen. Übersteigt der Photonenstrom allerdings einen kritischen Wert, kommt es den Vorhersagen zufolge zu einem Quantenphasenübergang: die Photonenblockade bricht zusammen, und der Zustand des Systems ändert sich von undurchsichtig zu transparent. Dieser spezielle Phasenübergang wurde nun erstmals experimentell beobachtet, da es den Forschern zum ersten Mal gelang, die speziellen Bedingungen zu erfüllen, die für die Untersuchung des Effekts nötig waren.

Während eines Phasenübergangs führt das kontinuierliche Verändern eines äußeren Parameters, zum Beispiel der Temperatur, zu einem Übergang zwischen zwei stabilen Zuständen, die unterschiedliche Eigenschaften aufweisen. Phasenübergänge erster Ordnung sind dadurch gekennzeichnet, dass die zwei stabilen Zustände gleichzeitig existieren können, während sich der Kontrollparameter in einem bestimmten Bereich in der Nähe des kritischen Werts befindet. Die zwei Phasen bilden dann eine Phasenmischung, in der einige Bestandteile den Übergang bereits vollzogen haben und andere nicht, so wie es auch der Fall ist, wenn Eis  und flüssiges Wasser sich gleichzeitig im selben Glas befinden. Die experimentellen Ergebnisse, die Fink und seine Kollegen heute im Journal Physical Review X publizieren, geben nun Einblick in die quantenmechanische Grundlage dieses Effekts in einem mikroskopischen, nulldimensionalen System.
Der experimentelle Aufbau bestand aus einem Mikrochip, auf dem ein supraleitender Mikrowellenresonator als Hohlraum fungierte, sowie einigen supraleitenden Qubits, welche die Atome repräsentierten. Um thermische Fluktuationen zu vermeiden, wurde der Chip auf 0.01 Kelvin gekühlt, eine Temperatur, die dem absoluten Nullpunkt erstaunlich nahe kommt. Um einen Strom aus Lichtteilchen zu produzieren, schickten die Forscher einen kontinuierlichen Mikrowellenton zum Resonator auf dem Chip. Auf der Ausgangsseite verstärkten und detektierten sie den Mikrowellenfluss. Für bestimmte Eingangsleistungen detektierten sie ein Signal, das stochastisch zwischen keiner Transmission und voller Transmission hin und her wechselte: es kam also tatsächlich zu der vorhergesagten Koexistenz der beiden Phasen. „Wir haben das zufällige Hin- und Herschalten zwischen undurchsichtig und transparent zum ersten Mal und im Einklang mit den theoretischen Vorhersagen beobachtet“, sagt Erstautor Johannes Fink vom IST Austria.

Potenzielle zukünftige Anwendungen sind Speicherbausteine sowie Prozessoren für Quantensimulationen. „Unser Experiment dauerte exakt 1,6 Millisekunden für jede beliebige Eingangsleistung. Dagegen dauerten die dazugehörigen numerischen Simulationen auf einem nationalen Supercomputer-Cluster etliche Tage. Das lässt erahnen, warum diese Systeme für Quantensimulationen nützlich sein könnten“, erklärt Fink.
Johannes Fink kam im Jahr 2016 ans IST Austria, um eine Forschungsgruppe für integrierte Quantensysteme zu gründen. Die Hauptzielsetzung der Gruppe ist es, Quantentechnologie voranzubringen und sie für chipbasierte Berechnung, Kommunikation und Sensorik einzusetzen.



Teilen

facebook share icon
twitter share icon
back-to-top icon
Nach Oben