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24. Februar 2016

Taktieren gegen den Klimawandel

Egoistische Erpresser gewinnen das diplomatische Spiel • Experiment über das Verhalten von Regierungen in sozialen Dilemmas

Illustration of 6-players, 18-players and 6-representatives treatments
Illustration der Ausgangslage mit 6 Spielern, 16 Spielern und 6 Vertretern.

Von Blutspenden, über den Bau kolossaler Brücken bis zum Sozialsystem – Menschen meistern die Kunst der Kooperation besser als alle anderen Tierarten. Trotzdem bleiben viele soziale Dilemmas ungelöst, wie etwa die Überfischung der Meere, steigende Treibhausgasemissionen oder die Versorgung großer Zahlen von Flüchtlingen. Während wir, mehr oder weniger, die Kontrolle über den Großteil unseres Lebens haben, treffen Vertreter – wie zum Beispiel gewählte Regierungen – in diesen Dilemmas unsere Entscheidungen für uns. Ein Team von WissenschaftlerInnen, darunter Christian Hilbe, Postdoc in der Gruppe von Krishnendu Chatterjee am Institute of Science and Technology Austria (IST Austria), berichtet in der dieswöchigen Ausgabe von Nature Communications von der ersten experimentellen Untersuchung des Verhaltens von Vertretern in sozialen Dilemmas.

Bisher erreichte noch kein Klimagipfel eine nachhaltige Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Um zu untersuchen, wie Vertreter in diesem Dilemma agieren, spielten die WissenschaftlerInnen ein Spiel mit Freiwilligen, die sie in Gruppen oder “Länder” aufteilten. Gemeinsam müssen alle Länder eine bestimmte Geldsumme aufbringen. Dazu steuern sie Beiträge aus ihren eigenen Geldtöpfen bei. Für jedes Land entscheidet ein Vertreter über die Höhe des Beitrags. Wenn alle Länder gemeinsam am Ende des Spiels die Zielsumme aufbringen, behalten die TeilnehmerInnen die in ihrem Ländertopf verbliebene Geldsumme. Falls allerdings die Zielsumme nicht erreicht wird, verlieren alle TeilnehmerInnen das verbliebene Geld. Ähnlich wie in wirklichen Ländern stehen die Vertreter in diesem Spiel nach mehreren Runden zur Wahl.

In diesem Experiment wurden egoistische Vertreter, die weniger als den fairen Beitrag aus ihrem Ländertopf leisten, bevorzugt wiedergewählt. Aber wieso wählen “Staatsbürger” Vertreter wieder, die hauptsächlich den Erfolg ihres Landes verfolgen, aber gleichzeitig das Risiko des kollektiven Verlusts ignorieren? Hilbe und KollegInnen zeigen, dass egoistische Vertreter gleichzeitig Erpresser sind: Sie bekommen die Vertreter anderer Länder dazu zu kompensieren, was sie selbst nicht beitragen. Gemeinsam erreichen alle Länder – im Durchschnitt – die Zielsumme, doch die erpresserischen Länder maximieren dabei ihren eigenen Geldtopf.
Diese Studie legt eine stringente Antwort nahe auf die Frage, wieso wir weiter Vertreter wählen die – anscheinend – nicht genügend zum Erreichen globaler Ziele beitragen. Da Vertreter bevorzugt wiedergewählt werden, wenn sie egoistisch handeln, handeln sie auch egoistisch. Gleichzeitig sind egoistische Vertreter Erpresser, die andere erfolgreich dazu überreden, mehr zum globalen Ziel beizutragen. Am Ende wird das gemeinsame Ziel erreicht – bleibt es zu hoffen.



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