16. Dezember 2020
Wie man Mikrowellen-Quanteninformation per Glasfaser übertragen kann
William Hease und Georg Arnold von der Fink-Gruppe stellen zwei Signalwandler vor, die eine Quantenkommunikation zwischen supraleitenden Prozessoren ermöglichen könnten.
Quantencomputer könnten die Welt mit absolut sicherer Kommunikation und leistungsfähigeren Berechnungen revolutionieren. Aufgrund ihrer anspruchsvollen Einsatzbedingungen nutzen derzeit jedoch ausschließlich WissenschafterInnen und Technikgiganten Quantencomputer. Könnte man jedoch mehrere Quantencomputer zu einem Netzwerk verbinden, wäre es möglich die Quantenwelt einem größeren Publikum zu öffnen. Netzwerke würden dezentrale und blinde Rechenoperationen über sichere Verbindungen ermöglichen und Quantencomputer nach außen hin zugänglich machen. Zusätzlich würde eine vernetzten Welt quantenphysikalischer Systeme die Grundlagenforschung nach vorne katapultieren. Im Moment ist eine Vernetzung zwischen supraleitenden Prozessoren und optischen Kommunikationskanälen jedoch unmöglich.
Quantensysteme sind extrem störungsanfällig, insbesondere wenn sie aus supraleitenden Schaltkreisen bestehen. Daher müssen die meisten Quantenprozessoren bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt in einer Vakuumumgebung arbeiten. Von außen sieht ein solcher Quantencomputer daher eher wie ein Kühlschrank und nicht wie ein klassischer Computer aus. Aufgrund dieser technischen Herausforderungen und der damit verbundenen Kosten scheinen Langstreckennetzwerke – zunächst einmal – Zukunftsmusik zu bleiben.
Gegenwärtig arbeiten WissenschafterInnen hart daran, Quanteninformationen mittels Standard-Kommunikationswegen wie Glasfaser zu transportieren. Diese könnten Quantensignale problemlos über mehr als hundert Kilometer übertragen. Der Transport ist hierbei aber nicht das eigentliche Problem, sondern die Umwandlung des Signals. Supraleitende Prozessoren arbeiten normalerweise mit Mikrowellenfrequenzen, bei denen Quantensignale im Vergleich zum Umgebungsrauschen extrem schwach sind. Ein perfekter Umwandler müsste daher Signale zwischen dem elektrischen und dem optischen Bereich ohne Rauschen oder Verlust umwandeln.
„Solche Wandler sind in klassischen Kommunikationsnetzwerken allgegenwärtig, und sie arbeiten mit einer unglaublichen Bandbreite und Zuverlässigkeit. Bei Signalen auf der Quantenebene müsste ihre Effizienz jedoch deutlich höher sein und das elektronische Rauschen gleichzeitig stark unterdrückt werden“, erklärt Professor Johannes Fink.
Am IST Austria erforschen Professor Johannes Fink und sein Team Quantennetzwerke. Zwei Wissenschafter aus seiner Gruppe untersuchten jetzt die Umwandlung von Mikrowellen-Quanteninformation mit zwei verschiedenen Herangehensweisen. Der erste Ansatz bietet eine der höchsten Umwandlungs-Effizienzen aller bisherigen mikrowellenoptischen Wandler. Der zweite Ansatz zeigt bemerkenswert rauschfreie Signale.
Ein mikromechanischer Signalumwandler
Georg Arnold (Fink-Gruppe) präsentiert den ersten mikrowellenoptischen Wandler auf einem Mikrochip. Mit einem mechanischen Kopplungselement erreicht dieser Signalwandler einen hohen Wirkungsgrad bei beispiellos niedrigen Eingangsleistungen. Die Wissenschafter entwarfen, fertigten und testeten eine neue Art von Hybridbauteil, das bei ultrakalten Temperaturen arbeitet und die besten Aspekte verschiedener neuer Technologien kombiniert.
Georg Arnold fasst seine Ergebnisse folgendermaßen zusammen: „Wir haben eine integrierte Verknüpfung zwischen Licht- und Mikrowellensignalen mit einer Baugröße von 0,1×0,2 mm² geschaffen, indem wir die Vorteile der kompakten Größe und der vielseitigen Kopplung mechanischer Elemente nutzten. Wir verwenden für unsere Prototypen Industriestandards, was uns große Hoffnungen macht, dass eine optimierte Version eine zukünftige Anwendung finden wird. Eine verbleibende Herausforderung ist die lokale Wärmeentwicklung aufgrund der winzigen Abmessungen beim Betrieb des Wandlers mit maximaler Leistung. Bei klassischen Signalen wäre das kein Problem. Bei Quantensignalen ist die rauschfreie Umwandlung jedoch essenziell.“
Bewegung, oder genauer gesagt Schwingungen, können Licht, elektronische Signale und sogar komplexere physikalische Systeme miteinander verbinden. Für den Signalwandler nutzen die Wissenschafter ein Phänomen namens Strahlungsdruck, um Mikrowellen in optisches Licht umzuwandeln. Strahlungsdruck bedeutet, dass Licht unter bestimmten Bedingungen physikalische Objekte schieben und ziehen kann.
Im Herzen des Geräts befindet sich ein photonischer Kristall Resonator, der mit zwei ultradünnen Siliziumsträngen verbunden ist. Das Ende jeder Leitung ist entweder ein Mikrowellen- oder ein Glasfasereingang. Wie beim Spielen eines Saiteninstruments erschüttert der Stoß des einfallenden Lichts die Siliziumdrähte. Der gesamte Resonator schwingt, und die Schwingung wandert von einem Ende zum anderen und verwandelt sich in ein Mikrowellensignal. Ein optisches Signal wird so in ein Mikrowellensignal umgewandelt und umgekehrt.
„Das Gerät funktioniert im Wesentlichen wie ein sehr empfindlicher Spiegel, der durch das auftreffende Licht verschoben wird. Dadurch koppelt es mechanische Bewegung und optische Strahlung. Wir haben das System so optimiert, dass bereits die kleinste Lichteinheit, ein einzelnes Photon, eine Schwingung anregen kann. Die Mikrowellenleistung funktioniert konzeptionell ähnlich, so dass wir optische Photonen auf Mikrowellenfrequenzen umwandeln können, indem wir sie auf einen zwischengeschalteten mechanischen Oszillator abbilden“, sagt Georg Arnold.
Dieser Ansatz verstärkt derzeit auch das Signal, ein Effekt, der für die getreue Umwandlung von Quanteninformation unerwünscht, aber für leistungseffizientere optische Modulationstechniken potenziell nützlich ist.
Die Umwandlung über optische Nichtlinearitäten
William Hease (Fink-Gruppe) näherte sich dem Signalwandler aus einem anderen Winkel. Sein System wandelt Signale so sauber wie möglich und ohne Rauschen um. Er kreierte einen Prototyp, der auffallend ähnlich wie ein Laser funktioniert.
„Unser Ansatz nutzt Einkristall-Resonatoren, in denen das Licht tausend Mal hin und her läuft, bevor es absorbiert wird. Dadurch wird die Wechselwirkung von Licht mit Mikrowellen-Quantensignalen verstärkt. Zudem ist unser System aufgrund seiner Größe (~ 1 cm³) ziemlich unempfindlich gegenüber Erwärmung, wodurch das Rauschen, das aus der Umwandlung resultiert, minimiert wird“, erklärt William Hease.
Das Licht der optischen Faser läuft durch einen nichtlinearen Kristall. Ein solcher Kristall verändert seine Eigenschaften stark, wenn eine Spannung angelegt wird. In diesem Fall erzeugt das Mikrowellensignal, das die umzuwandelnde Quanteninformation enthält, selbst die Spannung. Die kontrollierte Veränderung des Kristall beeinflusst dann auch das optische Licht, das durch den Kristall läuft. Das Quantensignal steuert daher die Frequenz und die Form des optischen Lichts. Ein Empfänger kann diese Änderungen nach dem gleichen Prinzip in das Mikrowellensignal zurückübersetzen. Dies wird als Transceiver bezeichnet.
William Hease fasst seine Ergebnisse zusammen: „Unser System macht sich nichtlineare Effekte in Lithium-Niobat zunutze, um Mikrowellensignale in optische Signale umzuwandeln und umgekehrt. Im Gegensatz zu Verstärkern, die auf Transistortechnologien (CMOS usw.) basieren, führen nichtlineare Effekte bei Lithium-Niobat zu einer absolut rauschfreien Umwandlung, solange das System auf Nulltemperatur gehalten werden kann. In realen Experimenten ist dies wegen der optischen Erwärmung nicht so einfach, aber wir schaffen es trotzdem, das Rauschen auf einem extrem niedrigen Niveau zu halten“.
Dieser Ansatz bietet eine nahezu rauschfreie Quantenumwandlung – eine entscheidende Voraussetzung für zukünftige Anwendungen der Quantenkommunikation.
Die Zukunft des Quantenkonverters
Ein idealer Quantenkonverter wandelt Quanteninformationen ohne Signalverlust oder Hinzufügen von Rauschen zu optischen Licht und umgekehrt. Beide Ergebnisse aus der Fink Gruppe versuchen auf unterschiedliche Weise sich dieser Herausforderung anzunehmen. Georg Arnolds mikromechanische Lösung bietet eine beispiellose Effizienz in einem extrem kleinen Bauteil und ist daher skalierbar. Auf der anderen Seite ermöglicht William Heases Ansatz der nichtlinearen Optik eine makellose Umwandlung mit vergleichbar hoher Bandbreite.
Professor Johannes Fink sagt zu diesen beiden Ergebnissen: „Es ist spannend, zwei starke Konkurrenten im Rennen um einen zukünftigen Quantenkonverter für supraleitende Prozessoren zu haben. Es liegt noch viel Arbeit vor uns, aber langsam wird auch klar, dass wir in den nächsten Jahren in der Lage sein werden, erste grundlegende Quantenkommunikationsprotokolle durchzuführen“.
Publikationen
G. Arnold, M. Wulf, S. Barzanjeh, E. S. Redchenko, A. Rueda, W. J. Hease, F. Hassani, and J. M. Fink. 2020. Converting microwave and telecom photons with a silicon photonic nanomechanical interface. Nature Communications. DOI: 10.1038/s41467-020-18269-z
William Hease, Alfredo Rueda, Rishabh Sahu, Matthias Wulf, Georg Arnold, Harald G. L. Schwefel, and Johannes M. Fink. 2020. Bidirectional Electro-Optic Wavelength Conversion in the Quantum Ground State. PRX Quantum. DOI: 10.1103/PRXQuantum.1.020315