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29. Juni 2017

WissenschaftlerInnen finden Mechanismus hinter der präzisen Entwicklung des Rückenmarks

WissenschaftlerInnen haben enthüllt, wie Nervenzellen des Rückenmarks sich während der Embryonalentwicklung organisieren. Diese Erkenntnis könnte in der regenerativen Medizin neue Einblicke eröffnen.

Spinal Cord IST Austria image of a normal developing spinal cord (left) showing precise patterns of gene activity (red, blue, green demarcating different types of cells). In a spinal cord in which one of the signals is disrupted (right) the accuracy of gene activity has been lost.
Normales Rückenmark (links) zeigt während seiner Entwicklung präzise Muster von Genaktivität. Die Farben Rot, Blau und Grün stellen dabei verschiedene Zelltypen dar. Ist eines der Signale im Rückenmark gestört (rechts), geht die Genauigkeit der Genaktivität verloren.

Wenn Embryonen wachsen und sich entwickeln, müssen sie neue Zellen mit speziellen Identitäten und Funktionen an genau den richtigen Orten innerhalb der Organe bilden. Insbesondere trifft das auf das zentrale Nervensystem zu, wo verschiedene Arten von Nervenzellen mit großer Genauigkeit positioniert werden müssen, damit sich die Schaltkreise der Nerven korrekt anordnen und das Muskelgewebe kontrollieren können. Über den Mechanismus, der dieser Organisation der Nervenzellen zugrunde liegt, war jedoch wenig bekannt.

In einer Studie, die heute in Science erscheint, berichten WissenschaftlerInnen des Francis Crick Institute (London), des IST Austria (Klosterneuburg) und der EPFL (Lausanne), dass die zukünftigen Nervenzellen in Mäuseembryos ihre genaue Position messen, indem sie zwei verschiedene Signale verwenden, die sich von entgegengesetzten Seiten des Rückenmarks – der Rückenseite und der Bauchseite – ausbreiten. Basierend auf dieser Landkarte verwandeln sie sich in die passende Nervenzellenart. Die Forschung wurde durch den European Research Council und durch Wellcome unterstützt.

Das interdisziplinäre Team aus Biologen, Physikern und Ingenieuren hat herausgefunden, dass die Menge der Signale mit Ursprung auf der Rücken- beziehungsweise der Bauchseite die Genaktivität der sich entwickelnden Nervenzellen beeinflusst. Auf der Grundlage dieser Genaktivität während der frühen Entwicklung verwandeln sich die Zellen in die Art von Nervenzelle, die für ihre Position im Rückenmark passend ist.

Anna Kicheva, Gruppenleiterin am IST Austria, erklärt dazu: „Wir sind in der Erkenntnis darüber, wie sich die verschiedenen Zelltypen im Rückenmark eines Embryos in einem präzisen räumlichen Muster organisieren, einen wichtigen Schritt weiter gekommen. Die quantitativen Messungen und die neuen experimentellen Techniken, die wir verwendet haben, und auch die gemeinsamen Bemühungen von Biologen, Physikern und Ingenieuren waren dafür ausschlaggebend. Sie haben es uns ermöglicht, Einblicke in die bemerkenswerte Genauigkeit embryonaler Entwicklung zu gewinnen, und haben enthüllt, dass die Zellen eine bemerkenswerte Fähigkeit haben, die Gewebeentwicklung zu orchestrieren.“

„Wir haben Licht in die seit langem bestehende Frage gebracht, wie Gewebe während seiner Entwicklung die richtigen Zellen am richtigen Ort und in der richtigen Menge produziert,“ fügt  James Briscoe hinzu. „Es ist wahrscheinlich, dass ähnliche Strategien auch in anderen sich entwickelnden Geweben zum Einsatz kommen und dass unsere Ergebnisse auch dort von Relevanz sein können. Auf lange Sicht wird das helfen, Stammzellen in Methoden wie der Gewebezüchtung und der regenerativen Medizin anzuwenden. Es gibt aber noch viel zu lernen und wir müssen solche interdisziplinären Kollaborationen weiter vorantreiben, um unser biologisches Wissen zu erweitern.“

Der Artikel „Decoding of position in the developing neural tube from antiparallel morphogen gradients” erschien in Science.



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