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Memorial Gugging

Memorial Gugging

Vor der Gründung des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) war eine andere Einrichtung auf dem Gelände untergebracht. Es handelte sich um ein Krankenhaus des Landes Niederösterreich für Neurologie und Psychiatrie, das rund 120 Jahre lang in Betrieb war.

Zwischen 1939 und 1945 war es der Schauplatz unverzeihlicher Medizinverbrechen von NS-Ärzten. Mehrere tausend Patient:innen jeden Alters wurden ermordet. Die einen im Krankenhaus, entweder vorsätzlich oder durch Grausamkeit beziehungsweise Vernachlässigung; die anderen durch Deportation in Zentren der Vernichtung. Dieses Memorial ist den Opfern gewidmet.

Das Memorial befindet sich im Park des Campus von ISTA und ist zu jeder Zeit öffentlich zugänglich.

Die NS Medizinverbrechen

Während der Zeit des Nationalsozialismus wurden 216.000 Menschen systematisch ermordet, weil sie körperliche, geistige und seelische Behinderungen oder Krankheiten hatten. Ziel war die „Vernichtung lebensunwerten Lebens“ aufgrund einer rassistischen und mehr noch rassenhygienischen Ideologie sowie kriegswirtschaftlichen Erwägungen. 

Die „Aktion T4“ (1939 -1941) war der bekannteste Teil dieser organisatorischen Vernichtungsmaschinerie, in deren Rahmen 70.000 Menschen ermordet wurden. In sechs Tötungsanstalten, darunter Schloss Hartheim in der Nähe von Linz, wurde in der Geschichte die erste massenhafte, systematische Vernichtung von Menschen durchgeführt. Die Tötungsanstalten der Aktion T4 waren in weiterer Folge eine Vorstufe der Vernichtungslager in Polen, zur systematischen Ermordung von Jüd:innen und Rom:nja und hatten diese zum Vorbild.

Das Krankenhaus in Maria Gugging war im Rahmen der Aktion T4 und darüber hinaus Schauplatz unverzeihlicher Medizinverbrechen von NS-Ärzten zwischen 1939 und 1945.

Das Exekutivkomitee des Institute of Science and Technology Austria (ISTA) beauftragte im Herbst 2007 den Wiener Historiker Herwig Czech mit der Erstellung einer Studie über die NS Medizinverbrechen in der Heil- und Pflegeanstalt Gugging. Die Studie wurde den an dem Wettbewerb teilnehmenden Künstler:innen als Ausgangspunkt für ihre Überlegungen übermittelt.

Die zentralen Ergebnisse der Studie lauten: Die Anstalt in Gugging war eines der Zentren der NS Medizin Verbrechen. Zwischen November 1940 und Mai 1941 wurden insgesamt 675 Personen in 12 Transporten aus der Anstalt nach Schloss Hartheim bei Linz gebracht und dort vergast. 116 davon waren Kinder und Jugendliche im Alter von 4 bis 17 Jahren. Zwischen Mai 1941 und Kriegsende ereigneten sich in der Anstalt Gugging einige der grausamsten Medizinverbrechen auf dem Gebiet des heutigen Österreich. Der Haupttäter Dr. Emil Gelny ermordete mit Gift und einem umgebauten Elektroschockapparat an die vierhundert Menschen. Viele weitere Patient:innen der Anstalt Gugging kamen durch Hunger und Infektionskrankheiten ums Leben oder wurden in Anstalten deportiert, wo sie kaum Überlebenschancen hatten. Dr. Gelny konnte sich nach dem Krieg erfolgreich ins Ausland absetzen und wurde daher nie für seine Verbrechen zur Verantwortung gezogen.

Bei der ersten ISTA Commemoration Lecture am 25. November 2014 präsentierte Herwig Czech zusätzliche Ergebnisse, die er in die erweiterte Studie einarbeitete. Die ISTA Commemoration Lecture kann HIER angesehen werden.

Weiterführende Links:

Das Kunstwerk und die Künstlerin

Das von Dorothee Golz entworfene Memorial wurde im Rahmen eines Wettbewerbs im Frühjahr 2008 von einer internationalen Jury ausgewählt.

Die Jury charakterisierte die Arbeit als “sensibel und einzigartig, fern aller traditionellen oder thematischen Formulierungen ohne die typischen Elemente einer Gedenkstätte“. Dorothee Golz nähert sich einem komplexen Problem mit Hilfe der Metaphorik und erweckt dadurch Verständnis für Zustände und Gefühle wie Erinnerung, Vergangenheit, Verzweiflung und Verlust.“

Das zentrale Element des Memorials ist ein alter Frachtcontainer, der an einer Seite im Winkel von 45 Grad gekippt ist. Durch den Container hinauf blickend kann die Betrachterin, der Betrachter die Skizze eines Tisches und eines Sessels erkennen – sowie eine unterbrochene Kette von Kugeln, das Leben symbolisierend, das plötzlich und unerwartet geendet hat. Das Wort “Leben” kann noch gelesen werden, obwohl die Kugeln auf dem Boden verstreut sind. Am oberen Ende öffnet sich eine Tür zum Himmel, zu einer neuen Zukunft und einer neuen Hoffnung.

Dorothee Golz über das Memorial Gugging:

„Ein Container ist ein genormtes Objekt, das weder einer bestimmten Zeit, noch einem bestimmten Ort zugeordnet werden kann. So wie ein Verbrechen an jedem Ort und zu jeder Zeit ein solches bleibt.“

Das Memorial beschreibt furchtbare Verbrechen, die in einer anderen Zeit in einer anderen Einrichtung, aber demselben Ort verübt wurden; es wurde im bewussten Kontrast zu der friedvollen und gelassene Atmosphäre des neuen wissenschaftlichen Institut errichtet, das auf diesem Gelände angelegt wurde.

Weitere Informationen zur offiziellen Einweihung des Memorials im Juni 2010 können in der zugehörigen Pressemitteilung nachgelesen werden.

Memorial Gugging IST Austria - front
Memorial Gugging von Dorothee Golz am ISTA Campus (Vorderansicht)
Memorial Gugging IST Austria - side
Memorial Gugging von Dorothee Golz am ISTA Campus (Seitenansicht)
Memorial Gugging IST Austria - side
Memorial Gugging von Dorothee Golz am ISTA Campus (Rückansicht)


Zur Person Dorothee Golz

1960geboren in Mülheim an der Ruhr
1981-1986Ecole Supérieur des Arts Décoratifs de Strasbourg
1981-1985Kunstgeschichte und Ethnologie an der Universität von Freiburg
1986Diplome National Supérieur des Arts Plastiques

Ausstellungen der Künstlerin waren bereits in Deutschland, Österreich, der Schweiz und Japan zu sehen. Dorothee Golz lebt und arbeitet in Wien.

Mehr Informationen zur Künstlerin unter www.dorothee-golz.com



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